Als Beitrag zur Avenidas-Debatte bringt Der Freitag eine Gedichtserie an Fassaden, darunter auch das Gedicht Zufußgehende, das – thematisch ein wenig utopistisch – versucht, geschlechtergerechte Sprache zu reflektieren.
Als Beitrag zur Avenidas-Debatte bringt Der Freitag eine Gedichtserie an Fassaden, darunter auch das Gedicht Zufußgehende, das – thematisch ein wenig utopistisch – versucht, geschlechtergerechte Sprache zu reflektieren.
Nice. Das nimmt der hitzigen Debatte hoffentlich ihre Hitze. Aber du hast in dieser Variante die beiden Antagonist*innen ja schon sehr schnell reingenommen. Zufußgehende und Radfahrende. Und auch auf eine Ebene gestellt. Das ist im Original nicht so. Da sind die zu Betrachtenden die mujeres (auf der selben Ebene wie die flores) und am Ende steht der admirador, der einzige handelnde Betrachter. So wie in der männlich geprägten Kunst bislang auch immer.
ja, das war mir wichtig, diesen antagonismus aufzulösen und das ursprungsgedicht zu überschreiben.
Wow, dann habe ichs ja richtig interpretiert.
das sehe ich anders: im text stehen vier subjekte, kein objekt. es gibt eine ebene & eine reihenfolge (alleen, blüte/blumen, frauen jeweils im plural, admirador im singular). jedoch kein verb, das eine handlung definieren würde. die wertung nimmt derdiedas lesende vor, das gedicht triggert lediglich das der jeweiligen persönlichkeit von haus aus mitgegebene kopfkino an.
Aber ist nicht im admirador eine implizierte Handlung? bewundern? es heißt ja nicht hombre.
Guter Einwand. Den ich, siehe oben, dennoch letztlich unter Kopfkino verbuchen würde. Beim ersten Lesen des Texts aufgrund der just ausgebrochenen Debatte, vergangenen September in Oaxaca nach einem Morgenspaziergang, der eine recht vergleichbare Szenerie aufwarf, dachte ich ähnlich. Heute sehe ich es ein wenig anders: admirador, worin mirar=schauen bzw. admirar=bewundern/verwundern/verehren steckt, ist und bleibt ebenso Subjekt wie avenidas, worin venir=kommen bzw avenir=sich einigen steckt. Ebenfalls implizierte Handlung? Letztlich müßig, weil eben nicht die Verbform im Text steht. Ebenso gut ließe sich annehmen, dass hinter dem Text, der wohl in Bolivien verfasst wurde (?), uramerikanische/indigene Pachamama-Positionen stecken, die z.B. avenidas als belebte Wesen ansähen, in ihrer Eigenschaft als Pfade. Alles nur vorgeprägte Interpretation und nicht unbedingt, was der Text hergibt. Natürlich, das morgen- und abendländische Klischee (Frauen/Blumen, Minne) liegt nahe und, lediglich eine weitere Vermutung meinerseits: womöglich gar zugrunde – ein explizites Ziel der konkreten Poesie war es allerdings, mit Formen und Klischees zu brechen. Und das mit mathematischen Vorgängen entlehnter Sprache. Eine „mathematische Verknüpfung“ liegt auch bei avenidas vor. Es werden Wortwerte addiert. Das Ergebnis der Gleichung bleibt offen und erregt nach ein paar Jahrzehntchen Abhängen die deutsche Allgemeinheit, q.e.d. An dieser Stelle habe ich es noch etwas anders formuliert: https://stanlafleur.wordpress.com/2018/02/03/lyrik-pegel/