Die Münchner Comiczeichnerin Anna Heger denkt in ihrem Blog über alternative, geschlechtsneutrale Pronomen des Deutschen nach, wie es sie bereits im Englischen oder Schwedischen gibt. Grundsätzlich schlägt sie xier (statt er/sie), dier (statt der/die) und xies (statt ihr/sein) vor. Seit einigen Jahren benutzt sie in ihren eigenen Comics diese Pronomen. Ich finde den Ansatz deshalb spannend, weil es ja darum geht, einen nützlichen Begriff zu kreieren, der das Sprechen über bestimmte Sachverhalte erleichtert (auch wenn es auf den ersten Blick kompliziert erscheint) und dabei produktiv ist.
Um diese Pronomen anzuwenden und auf ihre Produktivität hin zu überprüfen, habe ich einmal das rustikale Gedicht Die Dirne des expressionistischen Lyrikers Paul Boldt (1885-1921) in eine ‚zeitgemäße‘ Version übertragen, die unter der Verwendung von Hegers Pronomen – wie ich finde – auch an Facetten, Mehrdeutigkeiten und schließlich an Offenheit gewinnt. Die Pronomen sind hier also ausgetauscht, der letzte Vers ist (nicht nur) wegen des Reims ersetzt.
Dier Sexarbeitende (Dier Shemale)
Die Zähne standen unbeteiligt, kühl
Gleich Fischen an den heißen Sommertagen.
Xier hatte sie in xies Gesicht geschlagen
Und trank es – trank – entschlossen dies Gefühl
In sich zu halten, denn xier ward ein wenig
Wie früher Mädchen und erlitt Verführung;
Xier aber spürte bloß Berührung,
Den Mund wie einen Muskel, mager, sehnig.
Und sollte glauben an xies Offenbaren,
Und sah, wie xier dann dastand – spiegelnackt –
Das Falsche, das Frisierte an den Haaren;
Und unwillig auf xiesen schlechten Akt
Schlug xier das Licht aus, legte sich zu xiem,
Wurde träge, schläfrig, schlafend intim.
(Bearbeitung: A. K.)