Anstupsend

„Adrian Kasnitz schafft Kompositionen ohne Komposita und selten mit Metaphern, sondern durch Alliterationen und atonale Assoziationen: „Glückliche Niederlagen“ – gar nicht alltägliche Alltagslyrik. Selbst bei scheinbar wahllos aneinandergereihten Versen erschließt sich ein Bild mit tieferem Sinn. Man könnte meinen, Kasnitz gewinnt jedem noch so unscheinbaren Tag eine lyrische Note ab, jeder Woche, jedem Monat. Entsprechend entstand sein Lyrikzyklus Kalendarium, worin er jedem Kalendermonat einen Gedichtband widmete und es noch tut.

In Glückliche Niederlagen schwingt immer wieder ein Konjunktiv mit: man könnte doch trotz der Niederlagen glücklich sein. Jener Gegensatz birgt keinen Widerspruch in sich. Sein lyrischer Blick nimmt dafür sowohl Petitessen wahr, als auch die „Aussicht über die Stadt“. Darin kontrastiert der Autor „Türme und Firste“ gegenüber „Beton // Stahl und Schlieren ziehendes Glas“, „als sei es ein Wüten gegen die Wirtlichkeit“. Schließlich stellt er fest:
Der Staub unserer Wünsche liegt verborgen
unter dem Bett und jede Mühe
ihn hervorzuholen, scheuen wir.

Adrian Kasnitz rüttelt aus dem Alltagstrott nicht wach. Seine Lyrik stupst an, regt zu Achtsamkeit an. Das 64. und letzte Gedicht seines Bandes endet mit dem Hinweis: „wir könnten glücklich sein“. Dieses Buch ist eine kleiner Wegweiser dafür – so facettenreich, wie der Alltag. Der von Routinen geprägte Alltag sei gar nicht facettenreich? Man lese dieses Buch …“, schreibt Ortwin Bonfert auf dem Spiegelungen-Blog. Schön, dass dieses Buch immer noch Leser:innen begeistert.

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Schornsteinfeger

Heute besuchten mich ein Schornsteinfegerobermeister und drei Schornsteinfegermeisteranwärter. Nachdem sie, ungeduldig wie sie waren, alle Dachfenster und Oberlichter gleichzeitig aufgerissen hatten, um endlich alle sechzehn oder achtzehn – darüber konnten die Schornsteinfegermeisteranwärter lange nicht einig werden – Schornsteine unseres Hauses zu inspizieren. Dass ich von einer Katze gesprochen hatte, die keinesfalls aufs Dach gelangen sollte, hatten sie offenbar überhört. So verbrachte ich eine Weile meines Vormittags also damit, der Katze hinterherzujagen und sie im letzten Augenblick vor einem waghalsigen Sprung zu retten. Als Anerkennung für meine Meisterleistung erhielt ich vom Schornsteinfegerobermeister diese angeblich wundertätige Münze. Zur Sicherheit berührte ich ihn aber auch heimlich am Rücken.

Schornsteinfeger